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Schwerpunkt

Die enthemmte Serie: Überlegungen zu Hemmung und Enthemmung am Beispiel von Game of Thrones.

Merve Winter, Timo Storck, Jelka Berger

Zeitgenössische TV-Serien loten zunehmend die Grenzen des Darstellbaren aus und überschreiten diese, was das Zeigen von gewaltvollen Szenen angeht. Besonders die erfolgreiche Fantasy-Serie Game of Thrones (im Weiteren: GoT) ist hier zu nennen, die wir in dem vorliegenden Beitrag unter dem Blickwinkel von Hemmung und Enthemmung betrachten wollen. Dafür untersuchen wir diese Begriffe zunächst in der Freudschen Verwendung, wo wir Hemmung einerseits im Kontext des Über-Ichs, im Sekundärprozess als Hemmung des Primärprozesses, und schließlich in der Kultur als Ergebnis eines Triebverzichts finden. Diese Freudschen Überlegungen wollen wir nutzen, um die Rezeption von GoT zu verstehen. Dabei folgen wir der Annahme, dass sich in medialen Produkten immer auch das Sag- und Zeigbare einer Gesellschaft spiegelt und sich somit Aussagen über deren Verfasstheit ableiten lassen. Eine psychoanalytische Untersuchung ausgewählter Episoden, bei der den Irritationen und freien Einfällen der Rezipierenden gefolgt wird, verdeutlicht, dass GoT gesellschaftlich virulente Gefühle inszeniert, damit aber auch greifbar und bearbeitbar macht. So wird den Zuschauenden ein Gefühl eines Mangels an Sicherheit vermittelt, das sich als Spiegelung eines in den westlichen Industriegesellschaften verbreiteten Lebensgefühls seit 9/11 verstehen lässt. Des Weiteren werden Bedingungen zum moralischen Handeln und ethischen Empfinden und dabei auch die Rolle und Bedeutung der Familie hinterfragt. Bei den Zuschauenden führt die Rezeption zu einer interpassiven Verschränkung von (abgewehrten) lustvollen und unlustvollen Aspekten angesichts der äußeren und inhaltlichen Grausamkeit.